Ein Spinnennetz überzieht meinen Rückspiegel. |
Heute ist es mir egal. Soll die Spinne ihr Netz haben. Was mich wundert ist nur, dass ihr das Leben im Rückspiegel nichts auszumachen scheint. Bei 120 auf der Autobahn vibriert das Netz wie die Membran eines Lautsprechers, wenn voll aufgedreht ist. Der Spinne ist das egal. Sie verkriecht sich hinter den Spiegel. Dort ist sie geschützt vor dem Fahrtwind.
Ebenso schützt sie der Rückspiegel vor Regen, Hagel und Schnee. Sie hat den ganzen Winter dort zugebracht. Als es an Weihnachten warm wurde, hat sie gleich wieder ein Netz über den Spiegel gezaubert.
Autowaschanlagen beeindrucken sie auch nicht. Offenbar gibt es keinen trockeneren Ort als den Rückspiegel eines Autos. Letztes Jahr im Herbst sind wir mit unserer kleinen Untermieterin bis nach Italien gefahren. Mit Sicht auf den Strand hat sie ihre nie endende Arbeit verrichtet. Heuer hat sie in den Frühlingsferien halb Süddeutschland gesehen. In Nürnberg webte sie in einem Parkhaus mit Blick auf die alte Stadtmauer. Idyllisch, so ein Spinnenleben.
Das Leben im Auto bietet nur einen Nachteil: Nachwuchs lässt sich so nicht produzieren. Ständiges Reisen ist ein Beziehungskiller. Während ihre Artgenossen sich in der Fensterecke des Hauses bei gesellschaftlichen Anlässen treffen, zusammen eine Fliege ausschlürfen und sich über die neuste Netztechnologie unterhalten, fristet meine Autospinne ein einsames Dasein. Wenigstens kann sie von sich sagen, dass sie die Welt gesehen hat.
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Drohgebärden beim Foto-Shooting. |