Das Leben der Blattläuse in meinem Garten gibt es jetzt als Comic. Hier bestellen.

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Der Untergang eines Staates

Da war die Welt noch in Ordnung. Balkonbau
bei den Hornissen.

Sie haben sich ungefragt und heimlich eingenistet. Gleich nachdem die jungen Kohlmeisen flügge waren, kam die Hornissen-Königin und nahm den Nistkasten in Besitz. In ihrem Leib trug sie ihren zukünftigen Staat in Form von Hunderter befruchteter Eier mit sich herum. Zuerst baute sie einige Waben aus zerkautem Holz und legte in jede von ihnen ein Ei. Aus ihnen schlüpften Larven, welche die Königin mit frischen Insekten fütterte. Nach einigen Tagen waren die Larven gross und dick und vollzogen ihre Metamorphose zur fertigen Hornisse. Dazu verschloss die Königin jede Wabe mit einem Deckel, damit die wundersame Verwandlung ungestört vonstatten gehen konnte.

Die Öffnung des Nistkastens nach dem
ersten Schnee. Die toten Arbeiterinnen
purzeln raus.

Die neuen Arbeiterinnen waren nur halb so gross wie die Königin, doch sie gingen mit demselben Eifer ans Werk. Zu ihren ersten Aufgaben gehörte wohl, dass sie das alte Vogelnest aus dem Nistkasten entfernten. Das nahm nur unnötig Platz weg und musste darum raus. Ein trockener Grashalm und eine Flaumfeder nach der anderen wurden fortgetragen und irgendwo im Garten deponiert. Das alles geschah heimlich, ohne dass ich es bemerkt hätte. Ein kleiner Hornissenstaat funktioniert wie eine militärische Spezialeinheit: lautlos und unsichtbar.
Doch irgendwann im Juli wurden sie enttarnt. Sie fielen ihrem eigenen Erfolg zum Opfer. Der Staat war nun auf einige Hundert Tiere angewachsen und vor dem Loch des Nistkastens gab es pro Minute mehr An- und Abflüge als am Flughafen Zürich zu den Stosszeiten.

Diese Arbeiterin ist noch beim Schlüpfen
erfrohren.

Hätte ich jetzt etwas unternehmen sollen? Na ja, Hornissen besitzen einen miesen Ruf. Drei Stiche sollen einen Menschen töten. Aber das ist Blödsinn. Ihr Gift ist in der Stärke vergleichbar mit dem von Wespen. Zudem sind Hornissen sehr sanftmütig. Sie schwirren einem nicht vor dem Kopf herum, wie es die Wespen tun. Sie stürzen nicht in Scharen herbei, sobald man im Garten ein Bier öffnet. Nein, Hornissen haben ganz andere Interessen. Sie interessieren sich nicht für die Nahrung von uns Menschen. Stattdessen jagen sie nach Insekten. Nur diese proteinreiche Kost besitzt genügend Nährwert, um ihren Staat noch weiter wachsen zu lassen.
Oft konnte ich im Sommer Hornissen beobachten, die über meinem blühenden Kräutergarten patrouillierten. Immer wieder flogen sie die Blütenköpfe ab und schnappten sich dann eine Fliege und brachten sie zurück zum Nest.

Kälte und Hunger fordern
ihren Tribut.

Im August ging ihnen schliesslich der Platz im Nistkasten aus. Da bauten die einfallsreichen Tiere einfach einen Balkon an ihr Vogelhaus. An ihn hängten sie weitere Waben und der Staat wuchs und wuchs. Anfang Herbst begann die Königin damit, unbefruchtete Eier zu legen. Aus ihnen entwickelten sich Hornissen-Männchen. Sie wurden ausschliesslich zur Paarung ins Leben gerufen. Zeitgleich begann die Aufzucht der Jungköniginnen. Sie sollten sich mit den Männchen paaren und im nächsten Jahr neue Kolonien gründen.
Inzwischen war es Herbst und der langsame Niedergang des Hornissen-Staates zeichnete sich ab. Insekten wurden aufgrund der Kälte immer rarer. In der Folge fand der Staat nicht mehr genügend Nahrung, um sich und seine Brut zu ernähren. Der Flugbetrieb nahm ab und als die erste Kältewelle über den Garten hereinbrach, kauerten die Hornissen dicht beieinander im Nest und warteten auf den sicheren Tod.
Nach dem ersten Schneefall nahm ich den Kasten vorsichtig vom Baum und legte ihn auf den Gartentisch.
Der Tod im Hornissen-Staat hat viele Gesichter.

Nichts regte sich. Langsam öffnete ich den Kasten. Übler Gestank schlug mir entgegen. Am Boden des Nests tummelten sich Fliegenmaden und frassen auf, was ihnen in die Quere kam. Und überall lagen Hornissenleichen. Viele Dutzend erfrorene Arbeiterinnen purzelten aus dem Nest. Einige bewegten sich zwar noch, aber es gab keinen Anlass zur Hoffnung. Hier ist der Tod eingezogen und er wird bleiben.
Die Phasen der Metamorphose von der
Larve bis zur fertigen Arbeiterin.

Tiefer im Nest dann ein Lichtblick. Zwischen den Waben-Stockwerken hatten sich ein Dutzend Jungköniginnen verschanzt. Sie waren grösser als die Arbeiterinnen und sie hatten sich im Herbst einen Fettvorrat angefressen. Von ihm zehrten sie jetzt bis in den Frühling. Weil ihr Winterspeck so kostbar war, bewegten sie sich kaum. Sie hoben nur mal ab und zu ein Bein oder drehten den Kopf.
In diesen Königinnen lag die ganze Hoffnung des verendenden Staates. Sie bildeten das Vermächtnis von vielen Hundert Arbeiterinnen und der Alt-Königin, die sich irgendwo im Garten zum Sterben niedergelegt hatte. Da ich den Nistkasten reinigen wollte, entnahm ich die Jungköniginnen und packte sie in eine Plastikdose, die ich im Geräteschuppen deponierte. Dort sind sie vorerst gut aufgehoben. Im Frühling werde ich für sie einige Nistkästen bereitstellen, damit der Hornissen-Staat erneut auferstehen kann. 

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Abgeleckt

Die Zunge der Schnecke folgt einer
Slalomlinie.
  
  
Schnecken besitzen eine rauhe Zunge, die einer elastischen Raspel gleich mit vielen kleinen scharfen Zähnen bestückt ist. Mit dieser fräsen sie Löcher in den Kopfsalat und häckseln frisch gesäte Petersilie zu Brei. Aber sie können ihre Allzweckzunge auch zum Lecken benützen. Das machen sie vor allem auf Oberflächen, die mit Algen bewachsen sind. An der Tür meines Geräteschuppens gibt es eine Kupferabdeckung, bei der das der Fall ist. Ein wunderschöner, hauchdünner und immergrüner Rasen breitet sich dort in der Vertikalen aus. Die Schnecken besuchen ihn täglich und hinterlassen mit ihrer Zunge wunderschöne Frassspuren.
Am Ende der Linie ist der Schneckenbauch
gefüllt. Es geht ab nach Hause.

Diese zeigen, wie gründlich die Schnecken vorgehen. Sie lecken nicht einfach blindlings drauflos, sondern versuchen mit einem minimalen Energieaufwand, so viele Algen wie möglich zu erwischen. Dazu bewegen sie ihren Kopf immer schön hin und her. Ihre Zunge folgt dabei einer engkurvigen Slalomlinie. Auf diese Weise können die Tiere einen zwei Zentimeter breiten Streifen fast vollständig abgrasen. Gut für mich, denn so brauche ich das Kupferblech nicht zu putzen.

Mittwoch, 11. September 2013

Abgerutscht

Ein Brummer verliert die Haftung.
Nachtfalter finden auf allen Oberflächen Halt. Das liegt an ihren Füssen. Ihre Unterseite ist mit feinen Härchen bedeckt. Diese schmiegen sich so eng an die Unterlage, dass sie praktisch mit ihr verschmelzen. Dabei ziehen die Atome der Unterlage die Atome der Härchen an, wie Milliarden winziger Magnete. Das funktioniert am besten, wenn die Oberfläche einige Unregelmässigkeiten aufweist. Das vergrössert die Zahl der Atome, die sich gegenseitig anziehen. Umgekehrt verringert eine sehr glatte Oberfläche die Kontaktfläche. Wenn der Nachtfalter dazu noch sehr schwer ist, reicht die Anziehung zwischen den Atomen nicht aus, um sein Gewicht zu tragen. Bei diesem Exemplar ist das der Fall. Er hat sich auf dem Küchenfenster niedergelassen. Seine sechs Füsse schaffen es nicht, ihn an Ort und Stelle zu halten. In der Folge rutscht der Falter langsam ab. Mögliche Lösungen für sein Problem: Mehr Füsse, eine Abmagerungskur oder ein Rastplatz mit einer raueren Oberfläche. Er hier hat sich dazu entschieden, einfach so lange zu abzurutschen, bis es nicht mehr weiter geht.

Montag, 15. Juli 2013

Picknick nicht gestattet

Überbleibsel vom Mitternachts-Snack des Fuchses.
Nach dem Debakel mit meinem Kompostgebinde aus Metall, habe ich mir eine rundum verschliessbare Kompostierbox aus Plastik zugetan. Sicherheitshalber stellte ich diese auf vier Gartenplatten, so dass der Fuchs keine Chance mehr hat, sich unter der Seitenwand durchzugraben. Den Kerl bin ich für immer los, dachte ich.
Ich lag weit daneben. Die neuste Masche des Fuchses ist es, sein Essen selbst mitzubringen und in meinem Garten zu verzehren. Dazu bedient er sich offenbar bei der benachbarten Hühnerfarm. Seine Opfer rupft er in aller Ruhe neben meinem Johannisbeerstrauch und vertilgt Fleisch, Knochen und Haut bis zum letzten Rest. Übrig bleibt ein Häufchen Federn und darauf meistens ein oder zwei Schlangen Fuchskacke.
Ich meine, was ist denn das für eine Art?! Ist hier jemand beim Knigge-Test durchgefallen oder ist einem gewissen Bettvorleger auf vier Pfoten der Grundbucheintrag einfach nur schnuppe? Lieber Fuchs, das ist mein Garten. Wenn hier jemand Hühner rupft, dann bin ich es. Und es wird niemals aber auch gar nie neben meine Johannisbeeren geschissen. Das ist die rote Linie. Punkt. Schluss.
Andererseits: was soll ich machen? «Law enforcement» bei Füchsen ist in der Regel 1,5 Meter lang, besteht aus Metall und besitzt einen Abzug. Eine andere Sprache verstehen die Flegel einfach nicht. Da kann ich mich noch lange schriftlich beschweren. Doch mit der Flinte nächtelang im Garten auf der Lauer liegen, ist nicht mein Ding. Hat jemand eine andere Idee, um meinem ungebetenen Gast Anstand beizubringen?

Freitag, 14. Juni 2013

Schlaue Schmetterlinge

Das sieht anstrengend aus: Der Schwalbenschwanz
biegt sein Hinterteil nach vorne und legt ein Ei ab.

Der Schwalbenschwanz ist ein seltener Gast in unseren Gärten. Dafür aber ein sehr zuverlässiger. Jedes Jahr fliegt mindestens einer von ihnen an den Gemüsebeeten vorbei auf der Suche nach geeigneten Futterpflanzen, auf denen er seine Eier ablegen kann. Für die Raupen kommen Fenchel, Dill oder Karotten in Frage. Heuer habe ich das Spektakel wieder einmal miterleben dürfen und dabei entdeckt, wie schlau diese Tiere sind.
Findet ihr das hellgelbe Ei im Bild?

Ein Schwalbenschwanz fliegt ungeheuer langsam. Dauernd hat man das Gefühl, dass er jetzt dann gleich abstürzen muss. Er besitzt mit fünf Schlägen pro Minute den langsamsten Flügelschlag aller Insekten. Es scheint fast, als würde er sich über die Gesetze der Aerodynamik lustig machen. Wenn sich seine Flügel an den Luftmolekülen vorbeischieben machen sie ein deutlich hörbares Geräusch, wie zwei flatternde Papierstreifen im Wind.
Seine Mission ist die Eiablage. Er gaukelt über den zarten Salat, die Zwiebeln, die aufkeimenden Bohnen und lässt sich dann punktgenau auf dem Fenchel nieder. Dort presst er sein Hinterteil an eines der zarten Ästchen und legt ein einziges hellgelbes Ei ab. Danach flattert er ohne Umschweife weiter zum nächsten Fenchel bis die ganze Reihe durch ist. Ab und zu legt er auch zwei oder drei Eier pro Pflanze.
Der Schwalbenschwanz geht dabei offenbar mit System vor. Als ich meine 12 Fenchel genauer untersuchte, stellte ich fest, dass einige Wochen zuvor bereits ein anderer Schwalbenschwanz seine Eier auf ihm abgelegt hatte. Sie waren schon weiter entwickelt, was sich an ihrer braunen Farbe zeigte. Ich habe die alten Eier (von einem Schwalbenschwanz, der Mitte Mai ablegte) und die neuen (Ende Mai) auf jeder Pflanze gezählt und sie in diese Tabelle eingetragen:


Ende Mai 1 2 2 0 0 1 2 0 5 0 1 1
Mitte Mai 2 0 0 1 1 1 0 0 0 0 1 0


Fragestellung für einen Biologen: Beeinflussen die Eier des Vorgängers (untere Zeile), wo der folgende Schwalbenschwanz (obere Zeile) seine Eier ablegt? Lässt sich das statistisch nachweisen?

Es scheint, als würde der zweite Schwalbenschwanz seine Eier vor allem auf den Pflanzen ablegen, auf denen es noch kein anderer getan hat. Für das Wohlergehen der Raupen ist ein solches Vorgehen sinnvoll. Denn wenn alle Eier auf derselben Pflanze sind, werden später die vielen Raupen ihren Fenchel schneller auffressen als neue Blätter nachwachsen. In der Folge verhungern die Raupen oder sie müssen zu Fuss eine neue Futterquelle suchen. Durch die intelligente Verteilung ihrer Eier beugen die Schwalbenschwänze diesem Szenario vor. Wie sie die Anzahl Eier auf einem Fenchel wahrnehmen, ist mir allerdings ein Rätsel. Es kommen dafür nur die Augen oder die Antennen in Frage.

Donnerstag, 23. Mai 2013

Ich bin dann mal ein Strauch


Unter Attacke erwachen die
schlafenden Augen und bilden
neue Quittenbäumchen.
Ein Baum – so definieren die Biologen – ist eine Pflanze, die einen einzigen, verholzten Stamm produziert. Das im Gegensatz zum Strauch, der unmittelbar am Boden oder darunter mehrere kleinere Stämme hervorbringt. Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile. Der Baum beispielsweise fokussiert sein Längenwachstum auf ein einziges Organ. Auf diese Weise erreicht er im Extremfall Höhen bis zu hundert Meter und kann sich so einen Platz an der Sonne sichern.
Sträucher andererseits investieren ihre Energie nicht in die vertikale sondern in die horizontale Dominanz. Sie können in kurzer Zeit mehrere Quadratmeter bedecken und so Baumkeimlingen das Leben schwer machen. Und Sträucher haben noch einen anderen grossen Vorteil. Ihre vielen Stämme sind die perfekte Lebensversicherung gegen Frassinsekten oder andere Schädlinge wie etwa Pilze.
Wenn ein paar Stämmchen kaputt gehen, macht das nichts, denn es gibt ja noch viele und der Strauch produziert zudem ständig noch mehr von ihnen. Diese Überlebensstrategie ist so gut, dass auch Bäume in Notzeiten auf sie zurückgreifen. Das zeigt sich gerade bei meinem Quittenbaum.
Seit Jahren machen ihm die benachbarten Tannen das Licht streitig und Pilze haben seinen alten Stamm befallen und fressen sich langsam durch sein Holz. Um ihr Überleben zu sichern, hat die Quitte auf Strauch-Modus umgestellt. Aus seiner Stammbasis wachsen viele neue kleine Quitten-Bäumchen. Das ist möglich, weil der Baum schon in jungen Jahren, so genannte schlafende Augen angelegt hat. Das sind kleine Bereiche in der Rinde, die aus Stammzellen bestehen. Sie können jahrzehntelang inaktiv sein und in der Not plötzlich zu wachsen beginnen. Die Stammzellen sind in der Lage, eine ganze Pflanze samt Blätter und Wurzeln entstehen zu lassen.
 Das Phänomen erstreckt sich auch auf die Wurzeln, auf denen es ebenfalls schlafende Augen gibt, die jetzt erwachen und mehrere Meter weit von der Mutterpflanze entfernt neue Bäumchen produzieren. Die Idee: Wenn der alte Baum stirbt, übernehmen die jungen das Feld. Dabei nabeln sie ihr eigenes Wurzelsystem vom Altbaum ab und kappen so die Verbindung zu den schädlichen Pilzen.

Donnerstag, 25. April 2013

Fuchs, du hast den Kompost gestohlen

Mein Kompostierer nachdem der Fuchs den Plastik entfernt
und einen Tunnel gegraben hat.
Erst kürzlich lobte ich den Fuchs an dieser Stelle für seine feine Nase und nun wir mir eben dieses Riechorgan zum Verhängnis. Ich habe endlich unseren Komposthaufen aufgeräumt, was so viel bedeutet, dass ich in der Landi zwei typische Bünzli-Kompostierer kaufte und die Küchenabfälle dann fein säuberlich darin verstaute. Ja, «verstaute» ist der richte Ausdruck, denn ich habe es mit einer solchen Sorgfalt getan, als ob es sich bei den Zitronenschalen und Kaffeebeuteln um die Spielsachen meines Sohnes gehandelt hätte.
Aber eben, der Fuchs hat mir die Freude an meinem Kompost buchstäblich versaut. Seine Nase führte ihn wie jeden Abend zielsicher durch meinen Garten. Beim Komposthaufen blieb er stehen und war – so vermute ich – für einen Augenblick verwirrt. Alle Leckerbissen waren weg, aber ihr Geruch hing immer noch schwer in der Luft. Dann begriff er, was ich getan hatte. Mit einem Satz sprang er in das Gebinde hinein und tat sich an den Resten des Nachtessens gütlich. Bis hierher habe ich auch absolut kein Problem mit meinem opportunistischen Freund. Wenn mir jemand die Hühnerknochen raus lesen möchte, nur zu. Aber dabei blieb es nicht.

Das Resultat: Grossflächig verteilte Essensreste.
Das gesättigte Tier störte sich offenbar am schwarzen Plastik, der die Innenseite des Gitters auskleidete. Dieser Plastik ist für das Mikroklima im Kompostierer unabdingbar. Der Fuchs hat ihn geschreddert. Die winzigen Fragmente lagen auf einer grossen Fläche um den Kompostierer verstreut. Nachdem er diese unnötige menschgemachte Infrastruktur entfernte, nahm er sich die Logistik vor. Man will ja als Fuchs nicht jede Nacht einen Mordssatz vollführen müssen, nur um an sein Abendessen zu kommen. Sich seiner Schweizer Wurzeln besinnend, grub er also einen Tunnel unter dem Gitter hindurch und in das Schlaraffenland hinein. Das Resultat: Ich bin mit meinen Bemühungen um einen sauberen, bünzlihaften Kompostbereich wieder ganz am Anfang. 

Mittwoch, 10. April 2013

Phönix aus der Erde

Statt Rasen gibt's nach dem grossen Schnee nur Moos. Aber
in wenigen Wochen werden die Gräser erneut herrschen.
Moose gehörten zu den ersten Pflanzen, die vor rund 500 Millionen Jahren die kargen Felsen der frühen Erde bevölkerten. Sich aus dem Schutz des Wassers auf einen lebensfeindlichen Stein in der Brandung zu begeben, war eine unerhört mutige Tat. Es bedurfte dazu einer grossen Portion Sturheit und auch Stolz um das Land in Besitz zu nehmen. Das sieht man den Moosen heute noch an.
Als der Schnee den Garten vor zwei Wochen endlich frei gegeben hat, strahlten die Moose bereits vor sattem Grün, als hätten sie sagen wollen: «Seht her, wir lassen uns auch vom längsten Winter nicht unterkriegen!» Moose sind tatsächlich unverwüstlich. Sie enthalten Chemikalien, welche sie von Schneckenfrass schützen und gegen die Kälte produzieren sie aus verschiedenen Zuckern eine Art Frostschutz, der das Wasser in ihren Zellen nie gefrieren lässt.
So ausgestattet können Moose auch im Winter noch wachsen, sobald die Temperatur über null Grad liegt und genügend Sonne vorhanden ist. Bei der Besiedlung von jungfräulichem Festland war diese Fähigkeit besonders gefragt. Heute haben sich viele Pflanzen jedoch von dieser Strategie abgewandt. Stattdessen haben sie den kontrollierten Tod ins Auge gefasst.
Die Gräser sind Meister darin. Sie lassen im Herbst ihre oberirdischen Blätter und Teile ihrer Wurzeln absterben. Nur ein kleiner Wurzelballen bleibt am Leben. Dieser verharrt im Winter regungslos unter der Erde und wartet auf den Frühling. Dann produzieren die Wurzeln neue Blätter und das Gras steigt aus seiner Versenkung erneut empor. Das Phänomen ist zurzeit im ganzen Land sichtbar. Die Wiesen verändern ihre Farbe von braun zu einem frischen grün.

Donnerstag, 14. März 2013

Für die kleinen Gartengestalter

Kleine Kinder schaffen mit Sand neue Lebensräume.

Wildbienen, Schmetterlinge und Eidechsen dürfen sich glücklich schätzen. In den letzten Jahren hat die Gartenindustrie die Umsetzung eines naturnahen Gartens zum Kinderspiel gemacht. Vom fixfertigen Wildbienenhäuschen, zur Wildblumenmischung bis zur Trockensteinmauer sind heute die meisten Elemente auf dem Baumarkt oder per Auftrag beim Gartengestalter erhältlich. Die Renaturierung eines englischen Rasen kostet natürlich eine rechte Stange Geld.
Doch auch mit kleinem Budget kann man für Wildbienen und andere Insekten etwas Gutes tun. Folgende Zutaten werden benötigt: ein dreijähriges Kind und einen grossen Sandkasten. Letzterer sollte möglichst zentral im Garten aufgestellt werden und mit ein bis zwei Tonnen Sand gefüllt sein. Weitere Massnahmen sind nicht erforderlich. Dem Kind muss es lediglich gestattet sein, pro Tag mindestens eine Stunde im Sandkasten zu spielen.
Den Sand am besten gleich per Lastwagen kommen lassen.
Hier im Bild: 2 Tonnen. 

Nach einigen Wochen lässt sich folgender Prozess beobachten: Die Menge des Sandes im Kasten nimmt merklich ab und die Menge des Sandes auf dem Rasen nimmt zu. Greifen Sie auf keinen Fall in das Geschehen ein. Denn mit der Zeit entsteht auf dem Rasen ein Flickenteppich aus verschieden dicken Sandflächen. Viele Insekten wie Grabwespen, Sandbienen oder Ameisenlöwen sind auf einen solchen Lebensraum angewiesen. Mit einem Sandkasten ist die Renaturierung ein echtes Kinderspiel.

Montag, 4. März 2013

Zwei Nasen

Eine punktgenaue Grabung führt den Fuchs zur Karotte.
Füchse sind bekannt dafür, dass sie mehr Beute machen als dass sie während einer Malzeit verschlingen können. Doch verschwenderisch sind sie nicht. Im Gegenteil. Überschüssige Hühner etwa vergraben sie in der Erde als Vorrat für magere Zeiten. Ihr Gedächtnis ist nicht besonders gut. Darum verlassen sie sich ganz auf ihre empfindliche Nase, wenn es darum geht, ihre unterirdischen Vorratskammern wieder aufzufinden.
Wie präzise ihr Riechorgan arbeitet, demonstrierte ein Fuchs in meinem Garten. In der Nacht patrouilliert er regelmässig direkt vor unserer Haustür auf der Suche nach Nahrung. Als Allesfresser verschmäht er auch Gemüse nicht. Vor allem vitaminreiche Kost ist ihm im kargen Winter sehr recht.
Tief vergraben unter dem Schnee hat eine Karotte seine Aufmerksamkeit erregt. Um sie zu bergen hat der Fuchs ein punktgenaues Loch gegraben. Offenbar gab die Karotte selbst durch kompakten Schnee einen genügend starken Duft ab, um dem Fuchs die genaue Ortung zu ermöglichen.
Dabei war sie noch nicht einmal frisch. Sie diente als Nase für einen Schneemann, den wir bereits vor einigen Wochen gebaut haben. In der anschliessenden Warmphase ist der Schneemann kollabiert und die Karotte blieb in der Wiese liegen, bis die erneuten starken Schneefälle sie begruben. Aber alte Schneemannsnasen wiederzufinden ist für die feine Fuchsnase offenbar keine grosse Herausforderung.
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