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Das Kräutersäckchen aus dem Supermarkt auch bekannt
als Schwarztee. |
Mein linkes Augenlied hat sich entzündet. Vor hundert Jahren hätte mir der Augenarzt eine Liste mit Kräuternamen gegeben. Die Kräuter hätte ich dann in meinem Garten gepflückt und daraus einen Heilsud gebraut. Na ja, die Zeiten sind vorbei. Heute gibt es eine kleine Tube voll Antibiotikum. Ein Tropfen dreimal am Tag für eine Woche und die Entzündung ist weg.
Ich wollte schon gehen, da holte der Augenarzt nochmals Luft (er war von Bern) und sagte, dass ich unterstützend mit Schwarztee behandeln könne. Das geht wie folgt: Der Teebeutel wird mit heissem Wasser aufgebrüht und zwischen 2 und 30 Minuten ziehen gelassen. Beutel raus nehmen und etwas abkühlen lassen («Suscht chömet er denn mit eme verbrännte Aug zu mer»). Den kalten Beutel anschliessend fünf bis fünfzehn Minuten direkt auf das entzündete Lied legen.
Die Besinnung moderner Ärzte auf alte Kräuterkünste kommt nicht von ungefähr. 2009 hat der deutsche Arzt Georg Gallenkemper eine ausführliche Studie zur Heilwirkung von Tee veröffentlicht. Darin konnte er zeigen, dass Schwarzteeumschläge zu einem schnellen Abklingen von Ekzemen und anderen Hautreizungen führte.
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Erst abkühlen lassen, dann auf's Auge drücken. |
Die heilende Wirkung stammt unter anderem von den so genannten Flavonoiden. Das sind chemische Verbindungen, mit denen sich Pflanzen selber vor schädlichen Umwelteinflüssen wie UV-Strahlung oder Bakterienkrankheiten schützen. Zudem sind Flavonoide schmerzstillend, was den Teebeutel auch bei Insektenstichen auf den Plan ruft.
Früher lieferten uns die Gärten zu jedem Leiden ein Kraut. Heute sind wir immerhin bereits wieder soweit, dass wir uns den abgekochten Schwarzteebeutel vor der Entsorgung kurz noch auf das Auge drücken. Vielleicht ist dieses globale Kräutersäckchen der Wegbereiter für die Rückkehr der Heilpflanzen in unsere Gärten.
Download der Studie von Georg Gallenkemper als PDF