Das Leben der Blattläuse in meinem Garten gibt es jetzt als Comic. Hier bestellen.

Montag, 30. April 2012

Es regnet Grillkohle


In einer Viertelstunde zur perfekten Glut.
Die kürzlich eröffnete Grillsaison führt mir einmal mehr vor Augen, wie nützlich die lokale Artenvielfalt sein kann. Neuerdings verwende ich für den Gartengrill kein wertvolles Brennholz mehr, sondern die Zapfen der Schwarzkiefer (Pinus nigra). Ein schöner Haufen von ihnen lässt sich mit einem Streichholz leicht entzünden und brennt in wenigen Minuten lichterloh. Die Zapfen sind voller Harz, das als natürlicher Brandbeschleuniger wirkt. Das geht zwar mit einer gewissen Rauchentwicklung einher, aber nach einer Viertelstunde wenn alles Harz verbraucht ist, entsteht eine sehr heisse und absolut rauchfreie Glut. Für Würste und Steaks gibt es nichts Besseres.
Die Frage ist jetzt nur noch, wo man auf die Schnelle genug Schwarzkiefernzapfen herkriegt. Nun, der Baum lebt vor allem in den Ländern um das Mittelmeer. Doch so weit braucht ihr nicht zu gehen. Denn glücklicherweise pflanzten in den 1960er Jahren die Landschaftsgärtner (aus Gründen, die mir schleierhaft sind) zu jedem neuen Haus eine Schwarzkiefer. Ein halbes Jahrhundert später sind sie im besten Alter und produzieren just zur Grillsaison Hunderte von Zapfen, die sie freundlicherweise in vorgetrocknetem Zustand abwerfen.
Jetzt müsst ihr also nur noch herausfinden, wo in eurem Dorf die 60er-Jahre-Siedlung ist. Dort geht ihr hin und bestimmt werden ihr gleich mehrere Schwarzkiefern vorfinden. Die Behören werden es euch Danken, wenn ihr gratis den «Müll» dieser Bäume von der Strasse wegräumt. Mein Tipp: die Zapfen mit einem Jutesack einsammeln und danach in die Garage stellen. Dort können sie dann noch etwas nachtrocknen, was die Rauchentwicklung beim Verbrennen etwas eindämmt.

Sonntag, 15. April 2012

Hydraulische Blüten

Die Blüten der Japanischen Zierkirsche werden gerade mit
Wasser vollgepumpt. Das erklärt ihr rasantes Wachstum.
    
Die Apfel-, Birn- und Kirschbäume stehen gerade unter einem enormen Produktionsdruck. Jeder Baum muss Hunderte oder gar Tausende von Blüten hervorbringen. Wenn man bedenkt, wie filigran die Einzelteile sind, ist es ein Wunder, dass das in den wenigen Frühlingswochen überhaupt möglich ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bäume noch nicht einmal ihre Blätter zur Photosynthese draussen haben. Wo also nehmen sie bloss die Energie her, um sich in ein Kleid aus Blüten zu hüllen?
Die Lösung für dieses scheinbare Paradox ist genial: Die Bäume haben die gesamte Blütenproduktion bereits im Jahr zuvor abgeschlossen. In den Monaten Juni bis August, wenn die Sonneneinstrahlung am stärksten ist und den Bäumen folglich am meisten Energie zur Verfügung steht, legen sie Miniaturversionen der Blüten an. Diese befinden sich gut geschützt in  mehrfach verpackten Containern. Im Volksmund heissen sie Knospen. In ihnen wird die Blüte bis zum Wintereinbruch mit allen Organen vorproduziert. Da gibt es Stempel, Fruchtknoten, Kron- und Deckblätter, alles platzsparend zusammengefaltet und ineinandergeschoben wie in einem IKEA-Möbelbausatz. Selbst die einzelnen Zellen sind auf das kleinst mögliche Mass geschrumpft.
Bei der offenen Blüte hat jede einzelne Zelle ihren maximalen
Ausdehnungsgrad erreicht. Da passt kein Wassermolekül
mehr rein.
Noch im Winter beginnt dann die langsame Befreiung der Blüte aus ihrer Sardinenbüchse. Dazu füllt der Baum jede einzelne Zelle der Knospe mit Wasser. Das hat zur Folge, dass sich die Zellen wie Luftballons ausdehnen. Der Prozess beginnt im Dezember und bis zum März sind die Knospen auf mehr als die doppelte Grösse angeschwollen. Im April platzen sie auf und geben ihren Inhalt frei.
Um sich vollständig zu entfalten benötigen die Blütenblätter noch mehr Wasser. Für diese hydraulische Höchstleistung muss sich der Baum noch nicht einmal sonderlich anstrengen. Er muss lediglich dafür sorgen, dass die Zuckerkonzentration in den Blütenzellen grösser ist als im umliegenden Gewebe. So entsteht ein osmotischer Sog, der Wassermoleküle anzieht und auf diese Weise die Blüte langsam aufpumpt. Das ist wie wenn man einen nassen und einen trockenen Schwamm aneinanderlegt. Nach einiger Zeit ist auch der trockene Schwamm nass, weil seine Saugkraft das Wasser anzieht.
Letztendlich sind die Zellen prall gefüllt und die Blüten sind offen.

Freitag, 6. April 2012

Metallblau

Eine Hyacinthe benützt dieselben
Farbstoffe wie eine rote Rose.
Blau ist eine seltene Blütenfarbe. Doch jetzt im Frühling gibt es sie überall. Hyazinthen und Feilchen verdanken wir es, dass der Garten zu einem tiefblauen Himmel auf Erden wird.
Der Stoff, der Blüten blau macht, hat die Forscher beinahe hundert Jahre lang an der Nase herumgeführt. 1913 entdeckte der deutsche Chemiker und Nobelpreisträger Richard Willstätter, dass rote Rosen und blaue Kornblumen ein und dasselbe Farbpigment enthalten.
Es handelt sich um ein so genanntes Anthocyan. Heute sind 250 verschiedene Varianten von ihnen bekannt. Sie können Blüten wahlweise in Rottönen oder blau erscheinen lassen. Aber wie machen sie das? Die Antwort kam erst 2005 von japanischen Forschern.
Sie fanden heraus, dass sich die Anthocyane mit einem weiteren Molekül, einem Flavon, und ein paar geladenen Metallatomen (Ionen) lose zusammenschliessen – etwa so, wie wenn wir uns die Hände geben würden. Drei Anthocyane und drei Flavone bilden einen Kreis aus sechs Molekülen. In ihrem Innern befinden sich ein Eisen-, ein Magnesium- und ein Kalziumion. Diese spezielle Anordnung führt dazu, dass die Anthocyane statt rotes Licht blaues Licht reflektieren.
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