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Samstag, 10. September 2011

Der Fliegentöterpilz

Der Pilz hat die Fliege von innen aufgefressen. Danach ist
er zurück an die Oberfläche gekommen, um seine
Sporen abzuschiessen. Sie sind deutlich als Hof erkennbar.
Irgendwo zwischen Esstisch und Fensterbrett muss es passiert sein. Eine Pilzspore heftete sich unbemerkt an die Füsse oder Beine der Fliege. Als sie sich etwas später putzte, hat sie die Spore womöglich unabsichtlich auf ihren Unterleib befördert. Dort sind die Ausgangsbedingungen ideal, weil an dieser Stelle die Haut nicht sehr dick ist. Aus der Spore begann ein Schlauch zu wachsen, der sich schnurstracks daran machte, sich einen Weg in den Körper zu bahnen.
Die Fliege kümmerte das zu diesem Zeitpunkt noch nicht gross. Sie ist zurück zum Esstisch geflogen und hat sich wieder den roten Tupfern zugewendet – Überreste der Spaghetti mit Tomatensauce. Sie ahnte nicht, dass das ihr letztes Mal sein sollte. In ihrem Körper wucherte bereits der Tod.
Als der Pilzschlauch die Aussenhülle durchdrungen hatte, bildete er unzählige Verästelungen wie die Wurzeln einer Pflanze. Bald waren es Hunderte und Tausende von Pilzfäden, die wie eine lebende Lawine den inneren Organen der Fliege entgegenstrebten. Das Immunsystem des armen Insekts hatte keine Chance. Der Pilz überrannte jede einzelne Zelle und frass sie auf.
Die Sporen fliegen bis zu drei Zentimeter weit. Sie sind
sehr klebrig und haften darum sogar auf Glas.
Inzwischen hat sich die Fliege auf dem Fenster niedergelassen. Spätestens jetzt muss sie gemerkt haben, dass etwas nicht stimmte. Sie blieb eine weile reglos sitzen und wollte dann ihren Motor anwerfen, um nochmals rüber zur Tomatensauce zu surren. Aber ihre Flügelmuskulatur versagte. Der Pilz hat bereits ihre Nervenbahnen gekappt. Nichts ging mehr. Bald würde er auch ihr Gehirn erreicht und ihrem Leiden ein Ende bereiten.
Fliegentöterpilze bereiten ihren Opfern einen ziemlich unschönen Abgang. Aber viel schlimmer als das ist die Demütigung, die nach dem Tod kommt. Diese Pilze missbrauchen die leblose Hülle als Abschussrampe für ihre Sporen. So gesehen hilft die Fliege ihrem Peiniger noch über den Tod hinaus beim Verbreiten seiner Verderben bringenden Saat. 
Dazu wächst der Pilz aus der Fliege heraus. Auf diese Weise bedeckt bald ein weisser Teppich ihren Körper. Jede seiner Fasern ist ein Pilzfaden, auf dessen Ende sich eine Spore befindet. Der Druck im Faden ist so gross, dass die Spore irgendwann in hohem Bogen wegkatapultiert wird. So legen sie eine Distanz von bis zu drei Zentimeter zurück. Nach einer Weile zeichnet der kontinuierliche Sporenregen einen deutlichen Hof um die tote Fliege. Eine Warnung für alle noch Lebenden, bloss nicht zu nahe zu kommen.

4 Kommentare:

  1. Das ist aber sehr interessant. Ich habe einmal eine Doku über diesen Pilz gesehen, er tritt, glaube ich, vorwiegend im Herbst auf.


    Lg kathrin

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  2. Ja, genau. Und er befällt auch Blattläuse und rafft ganze Kolonien in Weizenfeldern dahin. Gut für die Bauern!

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  3. Noch ein interessanter Aspekt: der Pilz schafft es, das Verhalten der Fliege kurz vor ihrem Tod so zu beeinflussen, dass sie sich an einem exponierten Ort begibt, etwa einen Grashalm. Von dort können die Sporen noch besser mit dem Wind verbreitet werden. Und von dort können auch andere Fliegen die Verendete viel besser erkennen. Da Männchen sich von dem durch den Pilz aufgedunsenen Hinterleib besonders angezogen fühlen, versuchen sie, die Tote zu begatten. Dabei infizieren sie sich natürlich mit den Sporen...

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  4. Echt widerlich, was die Natur so alles hervorbringt. Besonders das am Schluss mit den fehlgeleiteten, notgeilen Männchen !

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