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Dienstag, 16. August 2011

Das soziale Netz

Das Wasser aus dem Dachengel hat den Boden
weggewaschen. Zum Vorschein kommt das gartenweite
Wurzelnetzwerk.
Ein überlaufender Dachengel eröffnet einem manchmal einen seltenen Blick ins Erdreich. Der kleine Wasserfall, der sich gleich neben der Hausecke ergoss, hat den Boden auf einer postkartengrossen Fläche weggespült. Statt eines Lochs finde ich dort nun ein dichtes Geflecht von Wurzeln, die von den umliegenden Bäumen und Sträuchern stammen. Bestimmt sind drei oder vier verschiedene Pflanzenarten vertreten.
Das zeigt, wie weit die Wurzeln sich in der Horizontalen ausbreiten. Mein gesamter Garten ist wohl mit einer solchen Wurzelschicht durchwachsen. Aber noch viel erstaunlicher ist, dass die Wurzeln untereinander Nährstoffe austauschen. Das gelingt ihnen mit der Hilfe von Pilzen. Auch sie produzieren eine Art von Wurzeln, Mycel genannt, das den gesamten Erdboden durchwuchert. Die Pilzfäden docken an den verschiedenen Pflanzenwurzeln an und saugen Zuckerlösung aus ihnen heraus. Diese verwenden die Pilze einerseits für ihr eigens Wachstum, andererseits geben sie den kostbaren Saft an benachbarte Pflanzen ab.

Der Kinofilm Avatar zeigt eine Welt, in der alle Lebewesen
durch ein feines Netz von Fäden miteinander verbunden
sind. Genau so, wie in meinem Garten.
Das unterirdische Pilz-Pflanzen-Netzwerk erstreckt sich nicht nur in meinem Garten. Man findet es in jedem Wald und auf jeder Wiese. In der Tat kommt es überall dort vor, wo Vegetation die Erde bedeckt. Es ist ein weltweites Netz, dessen Ziel es ist, Nährstoffe untereinander auszutauschen. Forscher vermuten, dass auf diese Weise auch schwächere Pflanzen an Orten überleben können, wo sie eigentlich aufgrund des Lichtmangels oder der Ressourcenknappheit eingehen müssten. Doch angedockt an das Nährstoff-Netz bleiben sie am Leben.
Für einmal zeigt sich die Natur nicht als Bestie, welche die Lebewesen zu einem ständigen Kampf ums Überleben zwingt, sondern als hypersoziales Wesen, das sich um jedes ihrer Kreationen liebevoll kümmert.
Eine ähnliche Vision hatten die Macher des Kinofilms Avatar. Sie erschufen eine Welt, die von einem intelligenten Wesen durchdrungen ist. Die Nervenbahnen dieser Kreatur sehen ganz ähnlich aus wie die Pilzfäden, die in meinem Garten die Zeder mit dem Kirschlorbeer verbinden.

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