Eine einzelne Brutzelle der Roten Mauerbiene. Unten ein Berg Pollen, oben die Made. |
Eine der Brutzellen war nach meinem unsanften Eindringen noch intakt und bot einen seltenen Einblick in die Kinderstube der Roten Mauerbiene. Normalerweise nistet sie in hohlen Pflanzenstängeln oder alten Baumstämmen, die das Nest sicher vor neugierigen Blicken schützen.
Aber für einmal liegt ihr Geheimnis offen vor mir. Ihr Bauplan ist ziemlich einfach: Hintereinander legt sie eine Brutzelle nach der anderen an. Jede von ihnen füllt die Mutter mit einem grossen Vorrat an Pollen, auf den sie ein einziges Ei legt. Danach mauert sie ihr Ungeborenes ein und beginnt mit dem Bau der nächsten Zelle. Sie sieht ihren Nachwuchs nie mehr wieder, da sie selbst nach getaner Arbeit stirbt.
Aus dem Ei schlüpft eine Made, sie sich sogleich über den Pollenberg hermacht. Interessant ist, dass sie während ihrer ganzen Entwicklungszeit keinen Schluck Wasser zu sich nimmt. Vielleicht gibt es in den Pollen ja genug Feuchtigkeit, um ihren Durst zu befriedigen? Oder die Mutter hat ihr ein wenig Speichel unter den Pollen gemischt? Möglich wär’s.
Denn die Mauerbienen gehen mit sehr viel Köpfchen ans Werk. Das ganze Nest besitzt nur einen einzigen Ausgang, nämlich vorne. Das heisst, wenn die Bienen aus den hintersten Kammern schlüpfen, müssen die vorderen Kammern bereits leer sein, sonst zerstören sie die Brut bei ihrem Versuch, sich an das Tageslicht durchzugraben. Aber zum Glück hat die Mutter vorgesorgt. In die hintersten Kammern legt sie nur befruchtete Eier. Aus ihnen entwickeln sich die Weibchen. In die vorderen Kammern legt sie ausschliesslich unbefruchtete Eier, die zu Männchen werden. Letztere entwickeln sich schneller und schlüpfen darum immer zuerst. Die Weibchen haben also immer freie Bahn.