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Mittwoch, 15. Juni 2011

Der Vampir-Pilz

Mehltau auf der Zierdistel. Wie ein Vampir saugt er das
Blatt aus.
Eine nasse Badezimmerwand, ein feuchtwarmes Schuhklima und ein Stück Holz auf dem Waldboden haben eines gemeinsam: sie fördern das Pilzwachstum. Diese Lebewesen lieben die Feuchtigkeit. Kein Wunder wachsen viele Pilze bevorzugt unter der Erde, denn dort trocknen sie garantiert nie aus.
Aber es gibt auch die anderen. Pilze, die sich in aller Öffentlichkeit zeigen, und selbst unter der brennenden Sonne hervorragend gedeihen. Zu diesen Sonderlingen gehört der Mehltau. Er liebt das warme, trockene Wetter, das es diesen Frühling ohne Ende gab. Das Resultat ist nun auf einigen meiner Gartenpflanzen sichtbar. Meine Zierdisteln hat es besonders schwer getroffen. Ihre Blätter sind vom Pilzbewuchs schneeweiss.
Die benachbarte Kugeldistel braucht sich
vor einer Infektion nicht zu fürchten.
Jede Mehltauart geht nur auf eine
bestimmte Pflanzenart.
Der Mehltau verdankt sein üppiges Wachstum in der Frühlingshitze einem Trick. Denn auch er liebt im Grunde seines Wesens die Feuchtigkeit. Doch statt sich selbst zu ihr zu begeben, lässt er sie zu sich kommen. Wenn eine seiner Sporen auf das Blatt einer Pflanze fällt, beginnt ein kleiner Schlauch aus ihr herauszuwachsen. Berührt seine Spitze die Blattzellen, bildet sie eine Art Saugnapf aus, der sich fest mit der Oberfläche verbindet.
Zu diesem Zeitpunkt ist das Wasser noch in weiter Ferne. Die Oberflächen von Blättern sind meist mit einer dünnen Wachsschicht überzogen. Da bleibt kein Tropfen Feuchtigkeit hängen. Aber unter der Wachsschicht im Innern der Blattzellen, gibt es Feuchtigkeit in Hülle und Fülle. Dorthin will der Pilz.
Dazu treibt er unter dem Saugnapf eine Art Bohrer aus, mit dem er sich nun langsam einen Weg in das Innere der Blattzellen bahnt. Das ist nicht einfach. Pflanzen haben viele Strategien zur Abwehr von solchen Attacken entwickelt. Sie produzieren zum Beispiel Chemikalien, um Pilze unschädlich zu machen. Diese Mittel sind so effektiv, dass in der Tat viele Pilze keine Chance haben, in das Innere einer Pflanze vorzudringen. Doch beim Mehltau ist das anders.
Von ihm gibt es einige Hundert Arten und die meisten davon haben sich auf eine einzige Pflanzenart spezialisiert. Das heisst, sie haben die letzten paar Millionen Jahre damit verbracht, die Verteidigungsstrategien ihrer Zielpflanze zu umgehen. Darum muss ich mir keine Sorgen machen, dass der Mehltau auf meine Tomaten überspringt. Seine Tricks funktionieren nur bei der Zierdistel.
Wenn der Bohrer erst einmal in der Blattzelle angelangt ist, hat der Pilz gewonnen. Fortan entzieht er der Pflanze die Nährstoffe und Feuchtigkeit, die er zum Leben braucht. Wie ein Vampir saugt er die Blätter aus. Viele Nutzpflanzen wie Weizen oder Weinreben (sie haben ihre eigenen Mehltauarten) vertragen das nicht und sterben ab, oder werfen zumindest ihr Laub ab.
Aber Mehltau ist nicht nur ein Schädling. Der Zweiundzwanzigpunkt-Marienkäfer ernährt sich ausschliesslich von ihm. Darum lasse ich meine verpilzten Disteln stehen – als Nahrungsquelle für die kleinen Insekten.

3 Kommentare:

  1. Wow, das ist ein interessanter Beitrag. Wieder was gelernt. Wenn du einverstanden bist, würde ich gerne einen Link von meinem Blog zu diesem Beitrag machen.

    Danke für die Information

    LG Sigrid

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  2. Hallo Sigrid
    Kein Problem!

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  3. Das ist wirklich sehr interessant - und auch bei uns hats Mehltau - v.a. die Rosen hats erwischt.
    Liebe Grüsse
    Ida

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