Ein Julikäfer krabbelt gerade ein Löwenzahnblatt empor. Es dient ihm als Startrampe. |
Dutzende von ihnen schwirrten am Sonntagmorgen zum Kirchengeläut aus dem Dorf zwei Handbreit über dem Rasen. Was sie damit bezweckten, ist mir nicht klar. Ihr Verhalten schien keine konkrete Absicht zu haben. Immerhin landeten einige von ihnen auf den Pfingstrosen und gruben ihre Mandibeln einige Male in die Blütenblätter. Danach flogen sie jedoch wieder ab ohne einen grösseren Schaden zurückzulassen.
Einen Tag später ist der Spuk auch schon vorbei. Heute ist von den Julikäfern nichts mehr zu sehen. Ich nehme an, sie werden sich wie ihre nahen Verwandten, die Maikäfer, an einem Waldrand niederlassen, sich noch einige Blätter ihrer Lieblingspflanze genehmigen und dann zur Paarung übergehen. Nach dem Sex haben die Männchen vermutlich nichts mehr zu melden und verenden bald. Die Weibchen hingegen suchen sich ein schönes Stück Wiese oder einen Rasen in einem Garten und legen ihrer Eier in den Boden ab. Dann haben auch sie ihre Lebensaufgabe erfüllt (man merke sich: Lebensaufgabe Männchen = Sex; Lebensaufgabe Weibchen = Kinderkriegen).
Bald darauf schlüpfen die Engerlinge und fressen sich zwei Jahre lang genug Energiereserven an, damit sie ihre wundersame Verwandlung vollziehen können. Alles in Allem sind zwei Jahre fressen doch ein ziemlich grosser Aufwand, nur damit man nach der Paarung gleich wieder abdanken kann. Vielleicht ist dieses scheinbar sinnlose Umherfliegen kurz nach dem Schlüpfen ein Ausdruck von Rebellion gegen ihren von der Natur vorgeschriebenen Lebenslauf. Sie weigern sich, umgehend ihre Lebensaufgabe in Angriff zu nehmen und gönnen sich stattdessen zuerst noch einige Freiflüge.