In der Dunkelheit der Garage spriessen bei meiner Avocado neue Blätter. |
Die Maya-Mythologie liefert aber noch eine andere Erklärung: Einer meiner verstorbenen Vorfahren wurde als Avocado wiedergeboren und versucht mich nun davon abzubringen, dass ich ihn auf den Komposthaufen werfe. Genau das pflege ich nämlich mit kränkelnden Pflanzen zu tun. Und die Avocado sieht mit ihren fleckigen Blättern nicht gerade gesund aus. Dass ich ihr in der ohnehin schon überfüllten Garage ein Winterquartier gab, ist reine Neugier meinerseits. Ist es möglich, diese subtropische Pflanze auf so eine brachiale Art und Weise über den Winter zu bringen? Jetzt weiss ich, dass die Antwort «ja» lautet. Das Experiment war erfolgreich. Vielleicht nur dank des Geistes aus dem Blumentopf, der mir mit seinem neuen Blätterkranz sagen möchte: «Hallo Atlant, hier spricht dein Grossvater. Ich hätte ab März bitte wieder einen Platz an der Sonne. Also komm nicht auf dumme Gedanken.» Vor dreitausend Jahren wäre ich mit dieser Erklärung durchgekommen. Die Mayas glaubten, dass in Fruchtbäumen ihre verstorbenen Verwandten wiedergeboren werden. Darum pflanzten sie unter anderem Avocados in ihre Gärten, damit die Familie wieder beisammen sein konnte.
Heute werden Avocados jedoch aus ganz anderen Gründen angebaut. Die Frucht ist ein Exportschlager. Zweieinhalb Millionen Tonnen werden weltweit pro Jahr produziert. Das ist zwar weniger als die Hälfte der Apfelproduktion, aber wenn man das Gewicht in Kilokalorien umrechnet, dann liefern die Avocados der Menschheit mit Fünfeinhalb Billionen Kilokalorien doppelt so viel Energie wie die Äpfel.
Ich habe meine selbstgezogene Avocado schon über zwei Winter gebracht. Sie steht immer in einem unbeheizten Zimmer am Fenster und nimmt es mir auch nicht übel, dass es dort ein wenig zieht. Über den Winter werden die Blattspitzen immer braun und sie verliert ein paar Blätter, aber im Frühling geht es wieder dahin.
AntwortenLöschenlg kathrin