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Der in der Luft unbeholfene Julikäfer rückt der
Königskerze kletternd zu Leibe. |
Für einen zehn Meter hohen Kühlschrank gefüllt mit Desserts würde ich einige Strapazen auf mich nehmen. Darum verstehe ich die Enttäuschung der
Julikäfer, als sie genau das taten und am Ende ohne Belohnung dastanden. Sie dachten wohl, es sei schon Juli und der Blütenturm sei bereits geöffnet. Doch das ist ein Irrtum. Die Königskerze hält ihre süsse Verlockung gut verschlossen zwischen dicken, mit Haaren bewehrten Blättern. Da kommt kein Käfer ran. Nichtsdestotrotz lassen sich vier Übereifrige ausgerechnet hier nieder. Vielleicht können sie den Pollen bereits riechen und sind nicht in der Lage der Versuchung zu widerstehen.
Da ihre Flugtechnik nicht so ausgereift ist wie bei anderen Insekten, benötigen die Brummer eine ziemlich grosse und vor allem flache Landebahn. Darum lassen sie sich auf den etwas grösseren unteren Blättern nieder, statt gleich auf der Spitze der Königskerze, wo der Pollen lockt. Wer nicht fliegen kann, der muss eben klettern. Und so beginnt für den Trupp ein mühsamer Aufstieg. Oft führt der Weg über Abgründe zwischen zwei Blatträndern. Kopfüber angeln sie sich von einer Klippe zur nächsten und verlassen sich dabei ganz auf die grossen Krallen, die ihre Füsse bilden. Einige Male sieht es sogar so aus, als ob einer der Kletterer abstürzen würde. Doch so unbeholfen sie sich in der Luft fortbewegen, so geschickt sind sie am Boden.
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Welche Enttäuschung! Oben angekommen gibt es nichts
als Filzhaare, aber weit und breit keinen Pollen. |
Als der erste oben ankommt, sucht er verzweifelt nach den Blüten, in denen der Pollen steckt. Mit seinen Antennen kann er das Dessert sicher durch die dicke Wand aus Pflanzenhaaren riechen. Aber da gibt es keinen Zugang. Weder zu Blüten noch zu Pollen. Die Julikäfer haben umsonst geschuftet. Erschöpft streckt einer zuoberst auf dem Turm alle Viere von sich. Er sieht aus wie ein König, der nicht den Gipfel seiner Macht dafür aber den seiner Enttäuschung erreicht hat.
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