Der Algen-Dschungel auf dem Randstein. Vergrösserung: 1000 |
Wie Zugwagons reihen sich die Zellen aneinander. Im Innern schimmert das grüne Chlorophyll. Vergrösserung: 1000 |
Unter tausendfacher Vergrösserung kommt mir das Gewirr aus armdicken Algenfäden unendlich vor. Ich bewege das Präparat nur um Millimeter nach links oder rechts und durch mein Blickfeld huschen mehrere Meter undurchdringliches Gestrüpp. An den Randzonen lichtet es sich ein wenig und gibt den Blick auf eigenartige grüne Kügelchen frei. Es scheint sich um einzelne Zellen zu handeln. Eine Algenexpertin erklärt mir, dass das eine zweite Algenart ist. Sie ist noch einfacher als die Spaghettis, denn sie macht keine langen Fäden, sondern besteht nur aus einer einzelnen Zelle. Offenbar leben beide Arten nebeneinander, so wie die Brombeeren im Wald neben dem Adlerfarn wachsen. Das zeigt, dass sogar eine Messerspitze voll Randstein-Belag noch trieft mit Leben. Öde ist es nie. Egal wie unscheinbar ein grün schimmernder Belag auf einem Sandstein auf den ersten Blick erscheinen mag.
Die Amöbe (links von Bildmitte) ist der unbekannte Herrscher der Randsteinoberfläche. Vergrösserung: 1000 |
Ihre Strategie ist einfach. Zuerst berührt sie dich. Sie ist sanft wie Wasser. Dann beginnt sie dich nach allen Seiten zu umfliessen. Eine freundliche Umarmung, denkst du dir. Doch eine Sekunde später bist du von der Amöbe vollständig umzingelt. Du bist in ihr, um genau zu sein. So macht sie es mit jeder Nahrung. Sie stülpt ihren Körper einfach über sie und beginnt danach zu verdauen.
Da heisst es immer, es gebe in Schweizer Wäldern keine gefährlichen Raubtiere mehr. Es gibt sie. Und wer weiss, in ein paar Millionen Jahren mutiert vielleicht das Wachstumsgen der Amöbe und statt einigen Mikrometern wird sie plötzlich ein paar Meter gross. Das wäre gewiss das Ende der menschlichen Spezies.
Irgendwo hier im Unterholz wachsen übrigens auch meine Rosen. Wir müssen nur unseren Blick für das Wesentliche noch etwas mehr schärfen.
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